Angetrieben durch drakonische Vorschriften, die geringere Abgasemissionen und einen sparsameren Kraftstoffverbrauch fordern, verbringen Hersteller viel Zeit damit, den Verbrennungsprozess zu verbessern: Sie haben versucht, die Einlassventile früh zu öffnen (der sogenannte Miller-Zyklus), sie haben versucht, die Ventile später zu schließen (gemeinhin bekannt als Atkinson-Zyklus), und sie haben sogar versucht, einen Hybridmotor mit Fremd-/Kompressionszündung zu konstruieren (homogene Kompressionszündung) – alles mit nur mäßigem Erfolg.

Das Problem ist, dass diese Spielarten des Ottomotors nur unter ganz bestimmten Betriebsbedingungen Wirkung entfalten, was bedeutet, dass zur Aufrechterhaltung der Motorleistung über einen großen Betriebsbereich die variable Ventilsteuerung entscheidend ist; die Ventilsteuerzeiten müssen nicht nur bei Bedarf veränderbar, sondern auch fast stufenlos variabel sein: Das ist viel verlangt von aktuellen Verbrennungsmotoren mit mechanischem Ventiltrieb!

Da eine Nockenwelle normalerweise nur eine Nocke pro Ventil hat, sind die Ventilöffnungszeit und der Ventilhub festgelegt. Und während viele moderne Motoren die Nockenwellenverstellung verwenden, ist die Anpassung des Hubs und der Öffnungszeit während des Betriebs nur begrenzt erfolgreich.

Manche Hersteller verwenden Systeme mit mehreren Nocken, was jedoch nur einen Kompromiss darstellt, da nur wenige Profile gleichzeitig verwendet werden können.

Nockenwellen durch pneumatisch-hydraulisch-elektronische Aktoren ersetzen

Dies ist nicht der Fall bei einem Motor ohne Nockenwelle, der einen pneumatisch-hydraulisch- elektronischen Antrieb verwendet, um die herkömmliche Methode basierend auf dem Einsatz einer Nockenwelle zur Ventilsteuerung in einem Verbrennungsmotor zu ersetzen. Das führt zu einer sehr viel genaueren und vollständig justierbaren Steuerung von Ventilöffnungszeit und Ventilhub sowohl für die Einlass- als auch die Auslassventile: Hub und Ventilsteuerzeit können von Ventil zu Ventil und von Zyklus zu Zyklus frei eingestellt werden. Möglich sind so auch mehrere Hubvorgänge pro Zyklus und sogar gar kein Vorgang pro Zyklus — nämlich ein komplettes Abschalten eines Zylinders.

Aber während dieses System vollständige Kontrolle über die Einlass- und Auslassvorgänge bietet, kompakter und gleichzeitig leichter ist (Einsparungen bei einem Vierzylindermotor – 20 kg beim Gewicht, 50 mm bei der Höhe und 70 mm bei der Länge), ist für den effektiven Betrieb des Systems die präzise Steuerung des pneumatischen und hydraulischen Drucks entscheidend.

Aufzeichnung des Drucks während der Entwicklung

Zur Abbildung der zur Betätigung der Ventile bei verschiedenen Drehzahlen und Lasten erforderlichen Betriebsdrücke ist es unverzichtbar, dass der Druck genau und in Echtzeit gemessen wird.

Das ist an sich schon kein leichtes Unterfangen: Nicht nur müssen die verwendeten Drucksensoren über einen weiten Betriebstemperaturbereich hinweg genau messen, sondern sie müssen kompakt und unempfindlich gegen Schwingungen, heißes Motoröl und andere typischerweise im Motorraum vorkommende Substanzen sein.

Da weltweit nur eine Handvoll von Druckmesstechnik Lieferanten in der Lage ist, derart hochwertige Drucktransmitter in Laborqualität zu liefern, ist es entscheidend, dass ein Entwicklungsteam zur Dokumentation eines Ventiltriebs ohne Nockenwelle nur auf Sensoren zurückgreift, die sich bewährt haben.

Bei dieser Technologie ist es wichtig, dass der pneumatische Druck, der das Ventil öffnet/schließt, und der hydraulische Druck, welcher als Dämpfer dient und das Ventil geöffnet hält, während der Entwicklung genau aufgezeichnet werden.

Diese so abgebildeten Drücke werden durch eine elektronische Steuereinheit gesteuert, die Hub, Beschleunigung und Zeitraum je nach Motorlast, Geschwindigkeit und Umgebungsbedingungen bestimmt.

Der Lohn des Entwicklungsteams für die korrekte Abbildung dieses komplexen Prozesses kann sich mehr als sehen lassen: Es ist möglich, aus einem 1,6-Liter-Vierzylindermotor mehr als 170 kW und 320 Nm Drehmoment herauszuholen, was 47 Prozent mehr Leistung und 45 Prozent mehr Drehmoment sind, als ein vergleichbarer, mit einer Nockenwelle ausgestatteter Motor zu leisten vermag; zudem wird der Benzinverbrauch um 15 Prozent gesenkt.

Während also Nockenwellen für mehr als ein Jahrhundert zentral für die Leistungsfähigkeit eines Viertaktmotors waren, könnte die von hydropneumatischem Druck angetriebene Ventilsteuerung die Erfolgsaussichten von Verbrennungsmotoren in der nahen Zukunft deutlich erhöhen.