Turbomotoren: Die Vermessung des Ladedrucks ist der Schlüssel zum Erfolg

Turbomotoren: Die Vermessung des Ladedrucks ist der Schlüssel zum Erfolg

Um den immer schärferen gesetzlichen Abgasreglungen weltweit Herr zu werden, setzen OEMs verstärkt auf immer kleinere Ottomotoren. Diese immer kleineren Motoren verbrauchen weniger Treibstoff und stossen weitaus weniger Emissionen aus. Allerdings benötigen sie eine Motoraufladung, eine Methode der Effizienzsteigerung von Verbrennungsmotoren durch Luftzuführung mit erhöhtem Druck, um Verbrauchern die Leistung zu bieten, die sie von modernen Fahrzeugen kennen

Das Fahrgefühl diese kleineren Turbomotoren muss dem der grösseren, freisaugenden Gegenstücken mindestens ebenbürtig sein. Dafür braucht es den vollen Antriebsdruck bei niedriger Motorendrehzahl. Gleichzeitig soll ein Kraftverlust bei voller Geschwindigkeit vermieden werden. Das gelingt nur mit einem hochentwickelten Ladedruckregelsystem.

Eine der hauptsächlichen Herausforderungen ist dabei die präzise Regelung des Luft-Treibstoff-Verhältnisses nahe am stöchiometrischen Wert bei unterschiedlichen Ladedrücken.

Druckregelung mit turbinenseitigen Bypass

Die Regelung des turbinenseitigen Bypasses ist die einfachste Form der Ladedrucküberwachung.

Sobald ein spezifischer Ladedruck erreicht ist, wird ein Teil des Abgasstroms mittels eines Bypasses um die Turbine herum geleitet. Eine federbelastete Membran steuert für gewöhnlich das Ladedruckregelventil an, das den Bypass in Abhängigkeit vom Ladedruck öffnet und schliesst.

Druckregelung mit variable Turbinengeometrie

Zur Steuerung des Ladedrucks haben Hersteller in jüngerer Vergangenheit auf variable Turbinengeometrie zurückgegriffen. Diese Herangehensweise ermöglicht es, den Strömungsquerschnitt der Turbine den Betriebsparametern des Motors entsprechend anzupassen.

Bei niedrigen Drehzahlen wird der Strömungsquerschnitt durch das Verschliessen der Leitschaufeln verringert. Der Ladedruck und somit auch der Drehmoment der Motoren wird infolge des grösseren Druckabfalls zwischen Turbinenein- und -austritt vergrössert. Bei der Beschleunigung von niedrigen Drehzahlen öffnen sich die Zugänge und passen sich den korrespondierenden Motoranforderungen an.

Durch die Regulierung des Strömungsquerschnitts der Turbine für den jeweiligen Betriebspunkt kann die Abgasenergie und somit auch die Effizienz des Turboladers optimiert werden. Die Effizienz des Motors wird dank dieser Methode im Vergleich zur Bypass-Steuerung weiter gesteigert.

Elektronische Ladedruckregelsysteme

Inzwischen werden meist elektronische Ladedruckregelsysteme in modernen Ottomotoren eingesetzt. Verglichen mit der rein pneumatischen Regelung, die nur als Begrenzung des Volllastdruckes wirken kann, ermöglicht eine flexible Ladedruckregelung die Einstellung des optimalen Ladedruckes bei Teillast.

Der Betrieb der Klappen (oder Ventile) ist einem modulierten Regeldruck anstelle eines vollen Ladedrucks unterworfen und kann in Abhängigkeit von verschiedenen Parametern wie Ladelufttemperatur, Zündpunktverstellung und Kraftstoffqualität eingestellt werden.

Simulation reduziert Produktionszeit und Entwicklungskosten

In Anbetracht der Fülle an komplexen Variablen setzen die Hersteller während der Entwurfs- und Testphase auf Simulationen.

Eine weitere Hürde, die es es zu nehmen gilt, ist der enge Bereich, indem der Zentrifugalkompressor bei hohen Ladedrücken stabil arbeiten muss.

Weitreichende Versuche unter realen Bedingungen sind die einzige Möglichkeit, ein wirksames Simulationsmodell zu entwickeln. Die Versuche werden hauptsächlich an Motorprüfständen in Klimakammern durchgeführt.

Bei den offenen und zum Teil gedrosselten Testläufen werden die folgenden Druckinformationen aufgezeichnet:

  • Saugrohrdruck
  • Ladedruck
  • Luftdruck

Um ein klares Bild der Motorleistung über den kompletten Motordrehzahlbereich zu erhalten, laufen die Tests unter Berücksichtigung der Motortemperaturen ab (Kühlmittel und Öl).

Während des Testdurchlaufs ist es wichtig, dass die Ingenieure jede Leistungsabweichung aufzeichnen. Vorkommnisse wie Abgaspulsationen, die bei bestimmten Motordrehzahlen zu stehenden Wellen führen können und das Laufrad bei kritischen Frequenzen anregen können, vermindern die Lebenszeit des Turbos oder führen gar zu katastrophalen Ausfällen.

Daher ist die Messung der Druckleistung des Kompressors und der Turbine entscheidend für die Entwicklung eines akkuraten Extrapolationsmodells zur Implementierung während der Simulation.

Ein gut entwickeltes Simulationsmodell spart Entwicklern Zeit und Geld bei Prüfstand- und Strassentests. Voraussetzung hierfür sind jedoch ausführliche Aufzeichnungen zu den auftretenden Drücken.

Der Druck, Energie sparen zu müssen, macht auch vor dem Turbolader nicht halt

Der Druck, Energie sparen zu müssen, macht auch vor dem Turbolader nicht halt

Über viele Jahre hinweg wurden Turbolader nur in teure Sportwagen und Dieselmotoren eingebaut; aber im Zuge der Emissionsvorschriften begann man, die Aufladung mit anderen Augen zu betrachten. Obwohl Hersteller im Grunde genommen noch immer danach strebten, das Leistungsvermögen von Motoren zu verbessern, versuchten sie nun, bei verkleinerten und sparsameren Motoren die Leistungsfähigkeit und das Fahrverhalten zu erhalten. So wurden im 21. Jahrhundert fast alle Fahrzeuge, vom 1,0-Liter-EcoBoost-Motor (999 Kubikzentimeter Hubraum) von Ford bis hin zum neuesten Ferrari, mit der brandneuen Turbotechnologie ausgerüstet.

Aber kaum hat sich die Technologie etabliert, scheint sie schon wieder überflüssig zu werden: Die neue E-Charger-Technologie (E-Charger=elektrisch angetriebener Verdichter) stiehlt ihr die Show. Audi hat bereits die Serienproduktion des SQ7 damit ausgestattet und wird die Technologie auch auf zukünftige Produktionen ausdehnen, da die 48-Volt-Elektrifizierung zunehmend Fuß fasst.

Der entscheidende Vorteil des elektrisch angetriebenen Kompressors besteht darin, dass – wie bei Turboladern –keine parasitären Verluste auftreten; aber anders als bei den meisten Turboladern entsteht kein Turboloch und es wird kein Wastegate (Bypassventil zur Regelung des Ladedrucks) benötigt. Der leistungsstarke Elektromotor kann das Antriebsrad in weniger als einer Sekunde auf eine Drehzahl von 70.000 U/min beschleunigen, wodurch das Turboloch überbrückt wird.

Das verbessert natürlich das Fahrverhalten und senkt sowohl den Verbrauch als auch die Emissionen um 7 bis 20 Prozent, wenn das Gerät bei einem Fahrzeug mit Nutzbremsung eingesetzt wird; Letztere erfasst die Bewegungsenergie des Fahrzeugs und wandelt sie in Elektrizität um.

Druck ist der Schlüssel zur Freisetzung der Leistungsfähigkeit des E-Chargers

Ein elektronisch gesteuerter Kompressor kann so konfiguriert werden, dass er die Leistung des Motors optimiert, während die Energierückgewinnung aus dem Abgas maximiert wird; aber um diese Utopie zu verwirklichen, müssen Ingenieure mittels Messungen des Ladedrucks bei verschiedenen Motorlasten und Geschwindigkeiten eine Übersicht des vom Motor benötigten Ladedrucks erstellen. Dies gelingt nur mit Hilfe von hochwertigen Drucksensoren.

Wie bei jedem anderen Kompressor/Turbolader auch ist es wichtig, dass die Aufladeeinheit auf die Anforderungen des Motors abgestimmt ist: Geschieht dies nicht, „verhungert“ der Motor oder es kommt zu einem unnötig hohen Leistungsverbrauch.

Da die Technologie noch nicht ausgereift ist, stehen den Ingenieuren nicht viele Forschungs- und Testdaten zur Verfügung, um die Grenzen der E-Charge-Kompressoren zu untersuchen. Obwohl Strömungslehre und Elektrotechnik gute Grundlagen bieten, auf die man aufbauen kann, ist es dennoch wichtig, Theorien einem Praxistest zu unterziehen.

Um die Leistung bewerten zu können, geht man wie folgt vor: Nachdem der die Messbasis bildende E-Charger bestimmt wurde, wird das Fahrzeug mit extrem genauen Drucksensoren ausgestattet, die leicht kalibriert werden können und präzise Messungen über einen großen Bereich von Ladedrücken und -temperaturen liefern. Diese Sensoren müssen auch gegen Vibrationen und chemischen Einflüssen resistent sein.

Sowohl auf dem Motorprüfstand sowie bei Testfahrten werden Drosselklappenstellung/Motordrehzahl/Luftdruck im Saugrohr und Temperaturen kontinuierlich aufgezeichnet, um die Zusammenhänge dieser Schlüsselkennzahlen zu ermitteln.

Anhand dieser Informationen können Ingenieure überprüfen, ob die richtige E-Charger-Konfiguration gewählt wurde und gleichzeitig sicherstellen, dass der Regelkreis für die Motorsteuerung auf die wichtigen Parameter richtig ansprechen kann.

Wenn dies bewerkstelligt wird, erhält man ein Fahrzeug wie den SQ7, dessen Leistung, Fahrverhalten und Kraftstoffverbrauch beeindruckend sind, und der trotzdem auch zukünftige globale Emissionsvorschrift erfüllt.

Bildquelle: www.motortrend.com

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